366 tote Flüchtlinge – Mit dieser dramatischen Zahl begann
vor eineinhalb Jahren die Geschichte gesamteuropäischer Einsätze vor der
Mittelmeerinsel Lampedusa. Die Rettung von Flüchtlingen aus afrikanischen
Staaten ist seitdem allerdings in den Hintergrund gerückt. Die europäische
Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der
Mitgliedstaaten der EU deklariert als Hauptziel die Sicherung dieser Grenzen.
Kritik wird vor allem von Menschenrechtsorganisationen geäußert.
Auf eigenes Engagement hatte die italienische Regierung im
Oktober 2013 eine Operation der Küstenwache und Seenotrettung gestartet. Unter
dem Titel „Mare Nostrum“ rettete das Programm, ausgestattet mit einem
Führungsschiff, mehreren Fregatten, Patrouillenbooten und Transportschiffen
sowie mehreren Hubschraubern, bereits in den ersten sechs Einsatzmonaten über
30.000 Flüchtlingen das Leben. Zum Ende der Mission am 31. Oktober des darauffolgenden
Jahres konnte man eine Bilanz von 140.000 geretteten Nordafrikanern
veröffentlichen.
Bereits am folgenden Tag startete die Frontex-geführte
Triton-Mission ihren Einsatz. Mängel in der Organisation wurden schon zum
Beginn des Programmes deutlich. Die gesamteuropäische Agentur verfügt im
Gegensatz zum Staat Italien über keine eigenen Marineeinheiten. Alle Mittel
mussten von den EU-Mitgliedern bereitgestellt werden. Das magere Ergebnis liest
sich wie folgt: sieben Schiffe, vier Flugzeuge und ein Hubschrauber.
Als Hintergrund dafür ist nicht nur das geringe Budget der
Triton-Mission zu nennen. Zwar stellen die monatlichen, finanziellen Mittel mit
2,9 Millionen Euro nur ein Drittel jener von Mare Nostrum dar, der
Hauptkritikpunkt sind sie allerdings nicht. Menschenrechtsorganisationen wie
Amnesty Internation oder Pro Asyl bemängeln viel mehr die formulierte
Zielsetzung der Mission. Der Schutz europäischer Außengrenzen vor illegaler
Einwanderung steht nicht in Kongruenz zum Aspekt der Seenotrettung, den der
Vorgänger Mare Notrum betont hatte. Menschenrechte und internationales
Flüchtlingsrecht werden von der EU in dieser Mission immer wieder
vernachlässigt. Bestätigt wird dies durch eindeutige Zahlen: Über Eintausend
Tote hat es vor Lampedusa allein in den ersten viereinhalb Monaten des Jahres
2015 gegeben.
Die Rettung von 13.000 nordafrikanischen Flüchtlingen in den
ersten beiden Missionsmonaten kann die Totenzahlen laut den Stimmen der
Menschenrechtler nicht verdecken. Sie fordern für die Zukunft eine europäische
Seenotrettungsaktion von Frontex und dazu kontrollierte Weiterreisemechanismen
für die Hilfesuchenden in andere EU-Länder.
VB
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